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Luisenstädtischer Friedhof Berlin

Bauherr: Evangelischer Friedhofsverband Berlin Stadtmitte
Planung: Leistungsphase 1-9 nach § 39 HOAI
Fertigstellung: 2019
Größe: 26.000 qm
Fotos: Stefan Müller

Friedhöfe sind nicht nur Bestattungsorte. Viele sind zugleich Räume für kontemplative Spaziergänge im Kontext kultureller Zeugnisse und einer spezifischen Naturszenerie mit hohem ökologischen Wert. Da viele Friedhöfe heute unter großem ökonomischen Druck stehen, stellt sich die Frage, ob das Potential dieser „sekundären“ Nutzungen und Qualitäten helfen kann, eine neue Attraktivität als Bestattungsort zu formulieren.
Auf dem Luisenstädtischen Friedhof in Berlin-Kreuzberg sind auf einer Gesamtfläche von 2,6 Hektar derzeit nur noch wenige Grabstellen in Pflege. Eine Nachfrage für neue Beisetzungen war in den vergangenen Jahren überhaupt nicht mehr zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu steht der Friedhof im Fokus verschiedenster gesellschaftlicher Interessen. Er ist als Gartendenkmal zu erhalten und besitzt durch seinen Strukturreichtum eine große ökologische Bedeutung. Viele Anwohner schätzen den Friedhof als Freiraum mit besonderer Atmosphäre, die von Natur, Kultur, Ruhe und Vergänglichkeit geprägt ist.
Ziel des Konzeptes ist es, die städtische Bedeutung des Luisenstädtischen Friedhofs in kultureller, ökologischer und sozialer Hinsicht durch eine gestalterische Inwertsetzung auszuformulieren.
Dazu wurde der Bestand motivisch präzisiert und ein Pflegemanagement festgelegt. Grabstellen ohne Denkmalschutz und ohne Grabnutzungsrecht wurden abgeräumt. Ein wesentliches Ziel bestand darin,

die Vegetationsstruktur als Element der räumlichen Ordnung zu stärken. Dazu wurde der Gehölzaufwuchs zur Freistellung markanter Alleestrukturen und Baumgruppen entfernt und die geschlossene Struktur der Alleepflanzungen wiederhergestellt. Ergänzend zur
regelmäßigen Struktur der Hauptwege wurde ein an der Topographie ausgerichtetes System von Rasenwegen und gemähten Lichtungen geschaffen, das die frühere informelle Durchwegung der Friedhofsquartiere aufgreift. Dieses differenzierte Pflegemanagement trägt zur Erhaltung und Entwicklung der artenreichen Wiesenflächen bei.
Diese Wiesen definieren zugleich Aufenthaltsräume im Freien.
Differenzierte Angebote dafür bietet eine freie Bestuhlung, die zur Erholung, für Trauerfeiern im Freien und Veranstaltungen genutzt werden kann. Zur atmosphärischen Verdichtung wurden in den Wiesenräumen Regenwasserschalen aufgestellt. Sie inszenieren Witterungsprozesse, bieten mit ihrer spiegelnden Fläche optisch reizvolle Perspektiven und wirken sich günstig auf das Kleinklima aus. Diese gestalterischen Maßnahmen werden als Rahmen für verschiedene Formen neuer Bestattungsangebote aufgefasst.
Diese Maßnahmen stärken das Profil des Friedhofs als Freiraum. Sie können zur Fortführung der Friedhofsnutzung und so zum Erhalt der Anlage beitragen.